Wollstube

Ein Paket aus Island

Pakete bringen Freude. In diesem Fall kam sie in Form zweier Vliese vom Islandschaf, ein Geburtstagsgeschenk meines Vaters für mich. Beinahe 5 Kilo Wolle der besonderen Art:

(Wikipedia spricht:) Das Islandschaf ist eine Schafrasse, die zu den Nordischen Kurzschwanzschafen zählt. Islandschafe sind mittelgroß, haben in der Regel kurze Beine und sind kräftig gebaut. Die Wolle der Islandschafe kann 17 verschiedene Farbtöne von weiß über braun bis schwarz annehmen und weist zwei unterschiedliche Fasersorten auf: die Deckhaare, die Tog genannt werden, und die Unterwolle namens Þel (Thel). Das Tog besteht aus mitteldicken Haaren (> 27 Mikrometer Durchmesser, kurz Mikron) und taugt eher zu Nähgarn; die feineren Fasern des Þel sind nur etwa 20 Mikron dick, sind also sehr weich – ab 25 Mikron und weniger kann die Wolle von den meisten Menschen direkt auf der Haut getragen werden.

Die Herausforderung: Das Trennen von Tog und Þel.

Die industriell gefertigte Islandwolle wird (bisher) nicht getrennt, sondern weist eine Mischung aus beiden Fasern auf. Dadurch wird sie häufig als „kratzig“ empfunden.

Zwei Vliese vom Islandschaf warten auf die Verarbeitung
Klassisches isländisches Muster gestrickt aus Álafoss Lopi

Ebenfalls ein Geburtstagsgeschenk meines Vaters ein Jahr zuvor war ein Paket mit fertiger Islandwolle von Ístex Álafoss Lopi (der wohl einzige Hersteller in Island) inkl. einer Anleitung zu einem echten Islandpullover (ein Projekt, dass ich sicher auch noch vorstellen werde). Das Ergebnis ist eine tolle Jacke, die aber eben auch nur als oberste Schicht getragen werden kann. Da mir das zuvor klar war, habe ich bei Knopfleiste und Kragen geschummelt und zu einer superweichen Merino-Wolle gegriffen.

Natürlich wollte ich nun wissen, was sich aus einem Vlies Islandwolle machen lässt. Ob die Unterwolle Þel wirklich genauso weich sein würde wie Merinowolle, die ebenfalls Mikron unterhalb von 25 aufweist. Also ran ans Werk!

Überraschende Farben und Weichheit

Das Vlies sah ja sehr schön dunkel aus und sowohl mein Vater als auch ich hatten erwartet, dass die Unterwolle grau sein würde. Ist sie aber nicht. Sie wirkt nur so durch die tatsächlich schwarzen Deckhaare. Die Unterwolle ist ein schönes Wollweiß. Und nach den ersten Minuten mutigen Auszupfens war meine Begeisterung kaum noch zu bremsen: Weich, weich, weich… nichts pieksiges mehr. Zumindest in den Bereichen, in denen das Trennen der Haare so schön problemlos ging.

Wer wissen möchte, wie das Trennen funktioniert, dem empfehle ich wärmstens die Erklärungen von Károlína. In einem youtube-Video (ok, die „Musik“ ist definitiv nicht meins…) zeigt sie, wie es geht.

Rechts ein vollständiger Stapel aus Ton und Þel, links getrennt in Unterwolle und Deckhaar.
Wunderbar weiche Unterwolle, hier ließen sich die Stapel hervorragend trennen.

Mein Ehrgeiz war nun natürlich, so viel Stichelhaar-freie Wolle zu bekommen, wie möglich. Entsprechend saß ich EWIG am ersten Vlies und trennte, trennte, trennte die Wolle. Frust inbegriffen, denn nicht alle Deckhaare ragten so schön lang aus der Unterwolle raus. Irgendwann entschied ich dann, dass ich wohl mehr als 2 Qualitäten erzeugen würde…

Aus der Flocke gesponnen

Zwischendrin belohnte ich mich immer wieder mit dem Spinnen der Wolle. Da Islandschafe deutlich weniger Lanolin produzieren (warum das so ist, muss ich mir wohl mal noch anlesen…), entschied ich – wie von Karolina auch empfohlen – die Wolle vor dem Spinnen nicht zu waschen. Zudem war sie durch das Auszupfen auch schon sehr schön aufgelockert, so dass ich direkt aus der Flocke spinnen konnte. Kein Zwischenschritt wie kämmen oder kardieren: Das funktionierte super!

Unterwolle, wie sie nach dem Trennen ohne weitere Bearbeitung aussieht.
Kleine Zwirnprobe
Die ersten Meter auf der Spule

Unterwolle kardieren

Nichtsdestotrotz lieh ich mir zwischen Weihnachten und Neujahr eine Trommelkarde, wusch einen Teil der Wolle und kardierte sie vor dem Spinnen. Muss ja alles mal ausprobiert werden (hier zu sehen: fertig gesponnene Unterwolle der 1. Qualität, kardierte Unterwolle mit recht vielen Stichelhaaren und im Hintergrund die sauber ausgezupften Deckhaare, noch völlig unbehandelt…)

Das zweite Vlies war leider von deutlich schlechterer Qualität. Viele verfilzte Stellen, viele kurze Stichelhaare, die mich Stunden und Nerven kosteten, sie auszuzupfen. Von dem Vlies habe ich dann doch sehr viel wegwerfen müssen… ein bisschen haushalten muss man ja doch mit seiner freien Zeit… Jetzt warten noch 3 Samla-Boxen voll Unterwolle (1. und 2. Qualität…) auf das Kardiertier, das mir Patrick bauen möchte. Dazu habe ich gerade den Kardenbelag bestellt… Fehlt nur noch die freie Zeit für Patrick…
Und wie ich das Deckhaar verarbeite… weiß ich noch nicht.

Die kardierte Unterwolle mit noch deutlich sichtbaren Stichelhaaren durchsetzt, im Hintergrund das separierte Tog.
Islandschaf Rohwolle gezupft und versponnen
Von super weich bis eher robust: Die Unterwolle-Ausbeute der ersten beiden Vliese

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